Ludger Krull

Juni 2002
Ludger Krull

Juni 2002 - die Welt sucht in Japan und Südkorea nach einem neuen Fußballmeister. Eine gute Gelegenheit, sich mit dem erfolgreichsten Fußballer aus unserem Heimatdorf zu beschäftigen. Ludger Krull wurde am 31. 1. 1963 geboren und arbeitet als Erzieher im Jugenddorf Warburg mit der Außenstelle in Borgentreich.
Wie oft hört man von den Fußballexperten des Dorfes diese oder ähnliche Prognosen: "Der und der und vor allen Dingen auch der hätten auch hier und da oder dort spielen können".
Gegenstand dieser mit steigendem Bierkonsum immer abenteuerlicher werdenden Spekulationen über das Leistungsvermögen heimischer Fußballstars wollte Ludger Krull nicht sein. Da war es ihm schon lieber, selbst herauszufinden, wie weit ihn sein Talent bringen würde. "Nachdem ich zwei Jahre in der Mannschaft des FC Bühne in der Kreisliga A gespielt hatte, war die Zeit einfach reif für einen Wechsel," erinnert er sich noch an seine Aufbruchstimmung. "Mein Bühner Trainer Burkhard Walter war sehr fair zu mir und hat mir einen Wechsel empfohlen. Doch es gab auch die Stimmen vom Vaterlandsverräter, der seinen Heimatverein grundlos im Stich lassen wollte. Denen kann ich nur sagen, dass ich es auch nicht nachvollziehen kann, wenn jemand seinen Stammverein verlässt, um zu einem anderen Verein innerhalb der Warburger Kreisligen zu gehen. Ich aber hatte die Chance, bei dem frischgebackenen Landesligisten Brakel zu zeigen, ob ich mich auch für höhere Aufgaben qualifizieren könnte." 

Landesligastart in Brakel

Der Start in Brakel war nicht gerade leicht. Ludger Krull stieß zu einem eingespielten Team, das soeben als verschworene Gemeinschaft einen unerwarteten Landesligaaufstieg erreicht hatte. Trainer Dietlef Bitterberg wollte diese Truppe nicht mit unerfahrenen Frischlingen sprengen. So saß der Neuankömmling anfangs fast nur auf der Bank. Doch diese Zeit dauerte nicht lang. Der Landesliganeueinsteiger gab nicht auf und überließ seinem Trainer mit überzeugenden Leistungen beim Training und als Einwechselspieler nicht mehr die Qual der Wahl. Ludger Krull hatte sich durchgesetzt und gehörte von Stund an zum etablierten Stammpersonal eines aufstrebenden Landesligisten. Der Fußballer denkt besonders gern an diesen Beginn zurück: "Es herrschte eine euphorische Atmosphäre innerhalb der Mannschaft und im Umfeld, nahezu eine Goldgräberstimmung, denn die Zuschauer strömten in Scharen ins Brakeler Nethegaustadion. So wurde das Lokalderby gegen Bad Driburg von rund 3000 Fans besucht. Besonders habe ich mich immer dann gefreut, wenn ich im Publikum Zuschauer aus Bühne entdeckt habe." 
Nach drei Jahren in der Landesliga war es tatsächlich so weit. Der Traum wurde wahr, und die Mannschaft stieg in die Verbandsliga auf. In dieser Klasse spielte der erfrischend sympathisch wirkende Bühner Sportler, der zu keiner Zeit abgehoben hat, erfolgreich mit und zieht folgendes Fazit: "Meinen Wechsel nach Brakel habe ich zu keinem Moment bereut. Die Brakeler mit ihrem Obmann Helmut Jörg Briel haben es verstanden, mit qualifizierten Trainern wie Dietlef Bitterberg, Rudi Grewe, Michael Krüger (trainiert jetzt in Saudi Arabien), Wolfgang Schlichthaber, Günter Wamser und Günter Rybarczik über Jahre hinweg eine attraktive Elf in den Wettbewerb zu schicken. Während meiner Verbandsligazeit bin ich bekannten späteren Nationalspielern wie Thomas Helmer vom SC Bad Salzuflen oder Martin Max vom SC Recklinghausen begegnet. In meiner Elf spielte ich mit den künftigen Bundesligaprofis Michael (Micky) und Claus-Dieter (Pele) Wollitz zusammen. Als Höhepunkt würde ich das Ablösespiel für Micky Wollitz gegen den 1.FC Köln betrachten. Die waren damals echt gut und spielten um die deutsche Meisterschaft mit. Wir steckten in der Saisonvorbereitung, und nachdem wir uns in der 1. Halbzeit vor 5000 Zuschauern mit 0:1 erstaunlich gut gehalten und auch selbst einige Großchancen hatten, nutzten die Domstädter in der zweiten Halbzeit ihre spielerische und konditionelle Überlegenheit zu einem 0:5 Sieg. Die Begegnung mit Spielern wie Toni Schumacher, Thomas Hässler, Klaus Allofs, Uwe Bein oder Paul Steiner ist mir bis heute unvergessen geblieben."

Ludger Krull im Spiel gegen den VfR Sölde

Auf die Frage, ob er Micky oder Pele Wollitz eine derartige Karriere jemals zugetraut hätte, antwortet er differenziert: "Bei Micky als athletischem und kompromisslosem Abwehrspieler war ich mir relativ sicher, während ich bei Pele mit den höheren Anforderungen als Mittelfeldspieler meine Bedenken hatte. Ich erinnere mich noch gut an unser Spiel in der alten Glückauf-Kampfbahn in Gelsenkirchen bei den Amateuren von Schalke 04, in dem Pele von Rudi Assauer und Olaf Thon beobachtet wurde. Einen Tag später hatte er seinen Vertrag und durfte auf Schalke trainieren. Als er in dieser Zeit bis zum Ende der Saison wieder bei uns in den Meisterschaftsspielen mitwirkte, stellten wir eine Leistungsexplosion fest. Das professionelle Training in einem Bundesligaverein bewirkte wahre Wunder bei ihm."
Just zu dem Zeitpunkt, als Ludger Krull mit seiner Mannschaft Verbandsligameister geworden war, und der Aufstieg in die Oberliga (höchste deutsche Amateurklasse) perfekt gemacht wurde, verließ er nach 9 Jahren Brakel, um zu den Warburger Sportfreunden nach Warburg zu wechseln. Ob diese Entscheidung richtig war, lässt ihn auch heute noch ein wenig zweifeln: "Die mir meist gestellte Frage heißt: "Warum hast du die Chance, in der Oberliga zu spielen, ungenutzt verstreichen lassen?" Meine Beweggründe waren darin zu suchen, dass ich damals in Warburg wohnte und arbeitete. Ein viermaliges wöchentliches Training und das anschließende Spiel erschien mir für einen Spieler um die 30 doch sehr aufwendig zu sein. Außerdem hatte Warburg mit dem Trainer Didi Wedegärtner (zu dem noch heute ein freundschaftlicher Kontakt besteht), einen tollen Fang gemacht. Wir stiegen dann auch mit diesem Trainer in die Landesliga auf."

Wehende Haare und dünne Beine -
Markenzeichen des Energiebündels Ludger Krull

Trotzdem hat man das Gefühl, dass Ludger Krull auch heute noch dieser vergebenen Chance ein wenig nachtrauert. Der Bühner Sportler, von dem man in den Zeitungen von seinen verschiedensten Trainern häufig nachlesen konnte: "Der Ludger ist mit seiner positiven Ausstrahlung, seinem Können und seiner Fairness ein Glücksfall für jede Mannschaft," kann sich auch heute noch nicht mit seinem für Fußballer biblischen Alter von 39 Jahren zur Ruhe setzen. So meint er: "Wir haben jetzt in Warburg eine echte Notsituation. Fünf gute Leute verlassen den Verein. Deshalb hänge ich noch ein Jahr dran. Auch die erfreuliche Zusage der beiden anderen Bühner Thorsten und Carsten Arendes beeinflussten meine Entscheidung maßgeblich."
Ohne einen Tipp zur angelaufenen Weltmeisterschaft sollte die Begegnung mit Ludger Krull aber nicht enden. So traut er der arg vom Verletzungspech und diversen Absagen gebeutelten deutschen Mannschaft trotz allem den Sprung ins Viertelfinale zu. Aus seiner Vorliebe für den südamerikanischen und südeuropäischen Fußball macht er allerdings bei seiner Wahl der ersten Vier keinen Hehl und setzt auf folgende Reihenfolge: 1. Argentinien, 2. Frankreich, 
3. Brasilien, 4. Portugal.

zurück